Blickpunkt
Freunde eines Computer-Fossils
Mutterstadt: Mario Schröder ist Vorsitzender des Amiga-Clubs Pfalz 5o Mitglieder
Von unserem Mitarbeiter Reimar Petry
Im Informationszeitalter gibt es immer schnellere, leistungsfähigere Computer. Kaum hat man ein neues Modell erstanden und wähnt sich auf ein neusten Stand der Technik, kommt die nächste Innovation auf den Markt. Dabei bleibt so manches Gerät auf der Strecke und gerät in Vergessenheit. Gegen diesen Trend haben sich die „Amiga-Freunde Pfalz“ zusammengeschlossen.
„Wir sind keine Hacker oder Raubkopierer, auch kein Computerclub, der seine Mitglieder mit Mailing-Aktionen, Disketten und ähnlichem überschüttet, sondern ganz einfach Amiga User, die sich zusammengeschlossen haben, um etwas für ihren Freund den Amiga und seine Anwender zu tun“, klärt der Mutterstadter Vorsitzende der „Amiga Freunde“, Mario Schröder, auf.
Das Erstmodell der Amiga 1000 kam 1987 auf den Markt - für damalige Verhältnisse ein „wegweisender Computer“, erzählt Schröder. Der Vergleich mit einem modernen Gerät sei schwierig, da sowohl Aufbau als auch Philosophie nicht vergleichbar seien. Das mache aber den Reiz aus, erläutert der Amiga-Freund und führt das Fossil des Computerzeitalters gleich begeistert vor. Es funktioniert tadellos: Ein E-mail damit zu empfangen oder zu verschicken sei auch kein Problem, versichert Schröder. Schon früh sei mit dem Amiga bereits die Bearbeitung von Videos möglich gewesen. Managementfehler und nicht das technische Konzept, seien letztendlich für den Misserfolg des Amigas verantwortlich gewesen, ist der Fan überzeugt.
Diese Überzeugung teilt er mit fast fünfzig Computerfreunden im Altersspektrum von 17 bis 81 Jahren aus dem gesamten südwestdeutschem Raum, die sich 1995 zum Club der Amiga Freunde Pfalz zusammengeschlossen haben. Die Computer-Fans treffen sich regelmäßig zum Fachsimpeln und Erfahrungsaustausch. Ein treues Vereinsmitglied, selbst Computerfachmann, und mit dem Feinsten der modernen Computertechnik ausgestattet, lebe im fernen Florida und halte den Kontakt mit Hilfe des guten alten Amiga am Leben. Es sei nicht immer einfach den Betrieb und die Ersatzteilversorgung aufrecht zu halten, man habe jedoch entsprechende Kontakte und Beziehungen. Schwierigkeiten gäbe es verständlicherweise mit den Programmen. In einem modernen Computergeschäft ernte man nur ein müdes Lächeln, ungläubiges Staunen oder Achselzucken, wenn man nach dem Amiga frage. So wurde ein Vereinsmitglied durch Zufall in einem Mannheimer Computergeschäft fündig. Im Regal stand der alte Amiga. Der Kunde erläuterte dem staunenden Personal die Vorzüge und Anwendungsmöglichkeiten dieses Wunderwerks einer vergangenen Zeit und machte ein Schnäppchen. „Und der Laden hatte einen Staubfänger weniger“, erzählt Schröder amüsiert.
Wenn man an das heutige Preis- Leistungsverhältnis denke und mit den Preisen damals vergleicht, könne man nur noch staunen. „Ich habe 1992 10 000 Mark, jawohl 10 000 Mark bezahlt“, wiederholt der Amiga-Freund. Dafür gab es nur die Grundausstattung ohne Software. „Wären die Autopreise so gesunken wie die Computerpreise, dann würde ich heute Ferrari fahren“, ist seine Erkenntnis über das schnelllebige Informationszeitalter. Der Amiga-Club freut sich über jeden neuen Computerfan. Wer Interesse hat: Heute trifft sich der Verein wieder ab 18.30 Uhr im Mutterstadter Kegelcenter.
Aus der Rheinpfalz vom 28.01.2000, Lokalausgabe Kreis Ludwigshafen
Ortstermin: Einfach ein treuer Freund zwischen Bits und Bytes
Mutterstadt:Amiga-Treffen in der Neuen Pforte - Freaks loben die Vorteile des Computersystems
Sie hängen an ihm, wie man halt nur an einem guten, alten Stück hängt. Seine Zuverlässigkeit und Anwendungsbreite sind Legende und doch hat er das Rennen um die marktbeherrschende Position im Bereich der Home-Computer längst verloren. Die Rede ist vom Amiga einem damals Mitte der achtziger Jahre von der amerikanischen Firma Commodore entwickelten, Weg weisenden Computersystem, das immer noch treue Freunde hat.
Rentner und Schüler dabei
Zu einem Amiga-Treffen hatten sich einige echte Computer-Freaks an diesem Wochenende in der Mutterstadter Neuen Pforte versammelt. Vor fünf Jahren wurde der Club der Amiga-Freunde gegründet. Mit von der Partie im Kampf gegen das Microsoft-Imperium sind sowohl der 80-jährige Rentner als auch der 16-jährige Schüler.
Jerry aus dem US-Bundesstaat Florida hatte wohl die weiteste Anreise. Der Computerspezialist aus Amerika, zusätzlich zu seinem Amiga mit dem Allerfeinsten aus dem Sammelsurium moderner Kommunikationstechnik ausgestattet, pflegt den Kontakt zu seinen deutschen Freunden auf dem elektronischen Weg per E-Mail - natürlich über seinen Amiga. In den Bereichen Grafik und Video sei der Amiga immer noch einsame Spitze, erzählen die Experten übereinstimmend. Der Informatikstudent Nils Bronstert beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem System. Nach seiner Ansicht sei der Amiga im logischen Aufbau ungeschlagen. „Wer einmal mit dem Amiga gearbeitet hat, merkt sehr schnell, dass die Produkte eines gewissen Bill Gates nicht der Weisheit letzter Schluss sind“, ergänzt Achim Stegemann, ebenfalls Informatikstudent.
Schlechtes Management, so Stegemann sei schuld daran, dass sich das System nicht durchgesetzt habe. Die hätten damals einen Spitzenrechner entwickelt und dann einfach aufgehört. „Wie beim Borgward, einem Traumauto der 60 Jahre“, erinnert sich ein Rentner. Die wenigsten wüssten, dass Regisseur Steven Spielberg bei seinen Produktionen immer noch das Amiga-System im Trickbereich einsetze. Auch beim Dinosaurier-Epos „Jurassic Park“ und dem Science-Fiction-Dauerbrenner „Star Trek“ habe der Amiga seine Spuren hinterlassen, erzählen die Spezialisten stolz. Das Tolle sei, dass der Computer auch von technisch weniger begabten Zeitgenossen bei der Verfeinerung von Urlaubs- oder Familienvideos einfach und ohne großen Aufwand ideal anzuwenden sei - und dazu noch kostengünstig. Ein Manko stellt allerdings der Prozessor dar, der nicht mehr gerade der Schnellste sei, erläutert der 40-jährige Egbert Klingler. Doch bei der Herstellung von Filmen, Tricks und Grafiken komme es mehr auf die Qualität und Vielfalt der Möglichkeiten an.
Blick in die „Trickkiste“
„Eine Blume wachsen sehen, ein U-Boot fliegen oder einen Mann ganz einfach durch die Wand marschieren lassen - alles kein Problem“, sagt der gelernte Heizer und gewährt einen Einblick in seine Trickkiste. Leider sei die Ersatzteilversorgung mittlerweile nicht gerade einfach, da müssten schon einmal die einschlägigen Kleinanzeigen in Fachmagazinen oder der „Sperr-Müll“ herhalten, um da noch fündig zu werden. Zur Not greife er selbst zum Lötkolben, dabei fielen einem mitunter die tollsten Sachen ein, verrät der Bastler. „Wo kann man so etwas in der heutigen Computerwelt noch machen“, fragt er und schaut sich in der Runde um - alle nicken zustimmend. „So ist er eben, der Amiga“, sagt der treue Freund.
Von unserem Mitarbeiter: Reimar Petry
Aus der Rheinpfalz vom 29.01.2000, Lokalausgabe Kreis Ludwigshafen und RON - Rheinpfalz Online, Montag, 29. Mai